Читать книгу Das Tagebuch der Jenna Blue онлайн | страница 29

Ich will ihr das Buch entreißen, strauchele jedoch über die Ranken und falle. Die Dornen sind überall: in meinen Handflächen, den Waden, den Knien, den Oberschenkeln – und in mir drin.

»Scarlett«, flehe ich, als sie die nächste Seite aufschlägt.

»Ja, so heiße ich, und im Gegensatz zu dir trage ich Rot tatsächlich im Namen. Beschwer dich bei Mutter, wenn’s dir nicht passt.«

»Gib es zurück!«

»Es war einmal eine Zauberin«, liest Scarlett außerhalb meiner Reichweite, »die nicht nur über beträchtliche Schönheit, sondern auch über immenses Heilwissen verfügte, sodass Menschen von nah und fern anreisten, um ihre Leiden zu lindern. Für jede Verletzung kannte sie das richtige Kraut, für jeden Fluch eine Erlösung. Was ist das, Jenna, ein Märchen?«

Ich beiße mir auf die Zunge, schmecke Blut, meine Schultern beben, dennoch schaffe ich es nicht, mich zu erheben, geschweige denn überhaupt zu bewegen. Ich bin wie erstarrt, gefangen von den Dornen und Scarletts Worten.

»Diese Dienste ließ sie sich teuer vergüten, sodass sie schon bald die prächtigste Villa und einen Garten so üppig besaß, wie es nie zuvor einen gab. Eines Tages klopfte ein schwer verwundeter Mann an und bat um Hilfe, er sei vergiftet worden und dem Tode nahe. (Nicht doch, kommentiert Scarlett spöttisch, wie theatralisch!) Da er nicht zahlen konnte, wies sie ihn ab. Er behauptete daraufhin, in Wahrheit vermögend zu sein und ihren Dienst dreifach zu entlohnen, wenn sie ihm nur helfen wolle; doch da er so schmutzig und ärmlich aussah, glaubte sie ihm kein Wort und schloss die Tür. Dort, wo sie ihn zurückließ, wuchs tags darauf eine Rose, die Ranken lang und spinnengleich.« Scarlett lässt das Buch sinken. »Spinnengleich? Spinnwebenartig ginge oder Ranken wie Spinnenbeine – dann wären es aber nur acht.«

»Hör auf«, flehe ich, doch Scarlett ist nicht zu bremsen.

»So hart sich die Diener der Zauberin auch abmühten, die verfluchte Rose ließ sich weder bändigen noch vernichten. Selbst als sie einen Teil des Erdreichs aushoben, verblieb sie an ihrem Platz. Trotzig befahl die Zauberin, ein Gewächshaus zu errichten, später folgte eine Mauer, die den Garten samt Villa umschloss. Woran erinnert mich das bloß?«


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