Читать книгу Das Tagebuch der Jenna Blue онлайн | страница 33

Meine Wahrheit. Nicht deine.

Sei mutig, wage den Sprung hinein in den unheilvollen und toxischen Garten der Zauberin, in dem die Ursprünge dieser Geschichte lange vor unserer Zeit gesät wurden. Es liegt an uns, die Früchte zu ernten. Die guten wie die faulen.


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Unser Kräutergarten liegt brach. Anna hat ihn vernachlässigt. Der Borretsch wuchert in den Wegen und sein typisches Gurkenaroma streift meine Nase, kaum dass die Stängel unter meinen Sohlen knicken, ebenso der Duft der Melisse, die ich auf der Suche nach dem Klinker der Werkstatt streife. Ich folge mit den Fingerspitzen den Rillen im Gemäuer bis zur Tür. Es riecht vertraut, kaum dass ich sie aufstoße, nach altem Holz und Leim und längst vergangenen Tagen, bittersüß, fast schon faulig. Der Kompost für die Gartenabfälle liegt direkt unter dem Fenster, das sich als einziges öffnen lässt. Ich taste die Wand neben der Tür ab, suche den Lichtschalter, finde und drehe ihn.

Die Glühbirne flammt knisternd auf. Ihr Glas ist so verstaubt wie die grau gepuderten Gerätschaften über der Werkbank, die nur der Form halber erinnern, wozu sie einst taugten. Ich stoße gegen einen Tontopf, er kippt von der Bank, schlägt auf und zerschellt in tausend Teile. Ich lausche atemlos in die Hütte hinein, doch nichts regt sich. Kein Laut, kein Geräusch, kein Rascheln, kein Wispern. Dennoch wirkt die Stille weniger tief; als wäre etwas in ihr erwacht und ich nicht länger mutterseelenallein.

Nervös halte ich nach der Leiter Ausschau, deshalb bin ich hier. Ich brauche sie, um auf die Mauer und in den Garten zu klettern. Dort hinten, halb verdeckt von Kisten und Säcken, ragen die Sprossen auf. Ich schiebe mich zwischen den Türmen aus Tontöpfen hindurch, sorgsam darauf bedacht, keinen weiteren zu zerbrechen. Jeder Laut, so fürchte ich, könnte die Toten auferstehen lassen aus ihren modrigen Gräbern.

Modrig riecht es auch hier.

Ich greife nach dem Hebel des Fensters; er lässt nur widerwillig zu, dass ich die Scheibe aufdrücke und die Nacht hineinlasse. Die Hütte ächzt im Windzug, als würde sie frösteln. Ich schlinge die Arme um mich, den Blick fest auf die Leiter gerichtet. Sie war einst blau, im Dämmerlicht wirkt sie vergilbt wie eine Sepiafotografie, ebenso die von der Decke baumelnden Gießkannen. Ich ziehe den Kopf ein, um mich nicht zu stoßen, und entdecke dabei ein Weinfass unter einer steifen Plastikplane. Es ist, als würde ich nicht nur das Fass, sondern auch die Erinnerung daran freilegen.


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