Читать книгу Das Tagebuch der Jenna Blue онлайн | страница 26


Jede gute Geschichte braucht einen Gegenspieler, der alles wagt, um den Helden vernichtend zu schlagen. Dabei darf der Held zweifeln, straucheln, ja sogar von der dunklen Seite kosten, der Antagonist jedoch wäre wenig glaubhaft, besäße er keine guten Züge. Er muss über eine allzu menschliche Schwäche verfügen, Verzweiflung kennen, Katzen lieben oder Blumen sammeln.

Wie Scarlett.

Sie wäre die perfekte Antagonistin, ich jedoch eine lausige Heldin. Zudem haben wir uns auf ein Patt geeinigt. Wir ignorieren einander, sind weder des anderen Feind noch Freund. Wenn es also einen Antagonisten in dieser Geschichte gibt, so kann es nicht Scarlett sein.

Nur wer ist es dann?

Ich bin versucht, Mutter die Rolle überzustülpen, doch das hieße, sie käme zurück, und ich bezweifle, dass sie es tut. Sie mir auf der Schwelle unseres Hauses vorzustellen, in der einen Hand ihren veilchenblauen Koffer, in der anderen einen Regenschirm, lässt mich an Mary Poppins denken; und wie dort wäre das Glück ihrer Anwesenheit nur von kurzer Dauer.


17

Papier ist widerstandsfähig. Es übersteht Hitze und Kälte, selbst Stürze aus größter Höhe. Stifte sind weniger zäh, dennoch lässt sich mit dem meinen noch schreiben, obwohl der Schaft gesprungen ist. Ich werde ihn wechseln müssen, dabei hasse ich das. Ein guter Stift ist ebenso schwer zu finden wie ein wahrer Freund.

»Los jetzt, Jenna.« Scarlett wartet ungeduldig an der Mauer auf mich. Sie besteht darauf, dass wir das Grundstück der Villa umrunden, um uns Derek von der anderen Seite zu nähern. Sie schämt sich ihrer Herkunft, was offenbart, dass sie im Innern nicht so abgebrüht ist, wie sie tut. Sorgsam verstaue ich mein Buch in der veilchenblauen Handtasche. Es ist eine winzige Version des Koffers, samt dem Mutter verschwand – wie Scarlett sofort bemerkt.

»Woher hast du die?«

Ich könnte ehrlich sein und gestehen, dass ich sie an dem Tag, als Anna von Mutters Abreise erzählte, aus ihrem hastig geleerten Schrank stahl, sie mit all dem, was mein damals siebenjähriges Ich für überlebensnotwendig hielt, vollstopfte und stundenlang auf den gesprungenen Stufen vor dem Haus saß, in der sicheren Annahme, sie würde mich holen.


Представленный фрагмент книги размещен по согласованию с распространителем легального контента ООО "ЛитРес" (не более 15% исходного текста). Если вы считаете, что размещение материала нарушает ваши или чьи-либо права, то сообщите нам об этом.