Читать книгу Das Tagebuch der Jenna Blue онлайн | страница 22

Scarlett zündet eine neue Zigarette an, sie mustert mich nachdenklich. »Es gibt einen Spalt, aber er ist zu eng, als dass eine erwachsene Person hindurchpassen könnte. Selbst die meisten Kinder würden stecken bleiben.«

Warum sie jetzt davon anfängt, obwohl ich noch absagen könnte – und kurz davor bin –, erschließt sich mir nur unter der Prämisse, als dass sie darum weiß, oder es zumindest ahnt, und nun ihren Teil der Abmachung erfüllt, ehe ich von meinem zurücktreten kann.

»Warst du im Garten?«, höre ich mich fragen.

Alles ist besser, als an früher zu denken.

Alles ist besser, als zuzugeben, dass ich kaum noch meine Beine spüre. Ich bin wie erstarrt, fürchtend, dass jede Bewegung, und sei sie noch so klein, mich direkt in die Vergangenheit katapultiert, zurück zu ihr.

Scarlett lässt sich Zeit mit der Antwort. »Nein.«

»Du hast gelogen.« Ich ahnte es bereits.

»Erinnerst du dich an Alice? Ich habe ihr von dem Spalt erzählt; sie hat sich hindurchgezwängt.« Die Zigarette verglimmt ungenutzt, ihr Blick ruht auf der Villa.

Ich stutze. »Alice? Ist die nicht … tot?«

Scarlett nickt auf eine Art, die mich irritiert. Sie waren Freunde, damals, bevor Mutter verschwand. Scarlett jedoch wirkt distanziert, als ginge es um den Charakter eines Buches. »Sie starb ein Jahr später an Leukämie. Niemand weiß, dass sie durch das Loch in den Garten schlüpfte; ich habe es nie erzählt.«

»Du glaubst doch nicht an den Fluch?« Zumindest tat sie es früher nicht, stattdessen verspottete sie all jene, deren Furcht zu offensichtlich war.

»Natürlich nicht«, lässt sie mich abschätzig wissen. »Alice war krank. Deshalb starb sie.«

Weshalb hat sie es dann erwähnt? Scarlett sagt niemals etwas leichthin. Ihre Worte sind von einer Präzision, um die ein Chirurg sie beneiden würde. Jeder Spott trifft sein Ziel, keine unbedacht geäußerte Nebensächlichkeit verfehlt ihre Wirkung. Scarlett spielt mit Worten, sie sind ihr Schild und Klinge in einem.

»Hör auf zu grübeln, Jenna. Das steht dir nicht.«

Einer der Gründe, warum ich selten etwas erwidere. Ich denke mir meinen Teil und hasse sie in Gedanken. Hass. Ein starkes Wort. Eines, das positioniert. Scarlett würde es nie benutzen, es wäre zu direkt, zu konfrontativ; sie bewegt sich lieber in den Grauzonen und nutzt das Ungesagte ebenso wie das wohlplatzierte Wort.


Представленный фрагмент книги размещен по согласованию с распространителем легального контента ООО "ЛитРес" (не более 15% исходного текста). Если вы считаете, что размещение материала нарушает ваши или чьи-либо права, то сообщите нам об этом.