Читать книгу Das Tagebuch der Jenna Blue онлайн | страница 18

Ob das an der Unsichtbarkeit unseres Dorfes oder dem Verstand ihres Freundes liegt, wage ich nicht zu fragen. Scarlett mag Derek. Derek mag Scarlett. Heute fährt er uns zur Party. Uns – wie seltsam das klingt.

»Dann lass uns gehen«, versuche ich es erneut, »zum Spukhaus, meine ich.«

»Er kommt in einer Stunde«, klärt sie mich auf. »Wir haben Zeit.« Sie schnappt sich ihre winzige Handtasche (in die unmöglich passt, was sie vorhin aufgezählt hat) und tritt zum Fenster, unter dem das Stalldach liegt. »Folge mir.«

Wie sie es in dem extrakurzen Paillettenkleid auf den Fenstersims und hinaus schafft, ist mir ein Rätsel. Ich brauche drei Anläufe und fürchte bis zuletzt, dass ich dabei mein Tagebuch verliere. Ich lasse es niemals aus den Augen, selbst dann nicht, wenn Scarlett in meiner Nähe ist und ich es in Sicherheit weiß. Vorsicht ist besser als Nachsicht. Als ich den Giebel erreiche, sitzt sie bereits da, in der einen Hand ihr Smartphone, in der anderen eine glühende Zigarette.

»Auch eine?«, fragt sie und bläst den Rauch in den dunkelnden Himmel.

»Weiß Anna davon?«

»Himmel, nein! Und du wirst nichts sagen, verstanden?«

»Zu Befehl«, erwidere ich zynisch und sinke neben ihr nieder. Unter uns liegt der Hof, eine verwilderte Betonfläche, die im Schatten des Stalls versinkt. Gras sprießt aus sämtlichen Ritzen, Löwenzahn und Vergissmeinnicht erobern trotzig den unwirtlichen Grund. Dass etwas so Unscheinbares wie ein Samenkorn Betonplatten zu sprengen vermag, gibt mir den Mut, nicht aufzugeben.


Es war ein Freitag, an dem Mutter verschwand. Ich suchte sieben Monde und einen Sommer nach ihr, verteilte Flugblätter und klopfte an jede Tür und wollte nicht wahrhaben, was Anna sagte; dass sie uns verlassen hat, weil sie das Leben auf dem Land nicht länger erträgt.

Als der Frost kam, erklärte ich sie für tot. Seither habe ich unzählige Male darüber nachgedacht, ob ich ihr eines Tages folge. Ob es mir im Blut liegt, das Verschwinden. Ich bin so still, es würde kaum auffallen, wäre ich fort. Ich bezweifle, dass Scarlett oder Papa mich vermissen würden. Anna vielleicht, doch da sie niemals nach Mutter suchte, ließe sie mich aller Wahrscheinlichkeit nach einfach gehen. Dann wären sie nur noch zu zweit, Anna und Scarlett, ohne die verfluchte dritte Schwester.


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