Читать книгу Mein Chef und andere Hürden онлайн | страница 9
„Verena, Schätzchen, bist du dran?“
Ich atmete durch.
„Verena, du kommst doch heute Abend?“
„Jaaa.“
Hörbares Rauschen und Knacksen. „Bist du verstimmt?“
Ich nickte. „Nööö.“
Kurze Stille. „Dann bis abends, okay?“
„Mhhh.“
Mich noch abmühend den Hörer zu bugsieren, wohin er gehörte, fiel mein Blick auf die Uhr und traute meinen Augen nicht. Waren wirklich erst zehn Minuten vergangen? Mit einem Schlag war ich hellwach. Wo war das zuverlässige Universum geblieben, das meine Wünsche erfüllte? Nach so einem Flop gab es nur eines für mich - mir den gesagten Wunsch ins Gedächtnis zu rufen. Wie war das? „Universum, ich bestehe auf eine erholsame, schlafreiche Stunde.“ Alles klar. Mein Fehler. Zu ungenau definiert. Es brauchte einen nochmaligen Start. „Universum, ich bestehe auf der Stelle, auf eine erholsame, schlafreiche Stunde.“ So ausgedrückt musste es funktionieren. Anderenfalls - nein, es gab kein anderenfalls. Zweifel verhinderten, dass das Universum zu einem durchkam. Positives Denken war unerlässlich. Gääähn. Na dann, gute Nacht.
Ein fünftüriger Schrank, vollgestopft mit Kleidern, war einem keine Hilfe. Nach meinem geruhsamen Nachmittag im Bett, übrigens, dafür vielen Dank, Universum, stand ich bereits eine Weile vor geöffneten Kastentüren und wurde nicht mit mir einig. Meine Entschlusskraft riss mich hin und her. Was ziehe ich an? Dabei war es nicht der Opernball, die Romy-Verleihung oder eine Gala, die auf mich warteten, sondern nur meine Schwester. Auf dem Bett türmten sich Blusen, Röcke und Hosen, die ich im Spiegelbild vor meinem Körper gehalten und danach beiseite geworfen hatte. Als es an der Wohnungstüre klingelte, kam das einer Erlösung gleich. Erstens war mir klar, wer klingelte, schon an der Art des Klingelns. Zweitens verstand sich für mich von selbst, dass endlich Hilfe für meine Outfitzweifel antanzte. Meistens zweifelten wir dann ja zu zweien ...
„Jaaa, ich komme!“
Elegant schwungvoll riss ich die Tür auf. Hielt das rote Etwas modellhaft vor meine Brust und sah der blondierten, mähnenartig hoch toupierten, beneidenswert jungen Simba, mit einem erwartungsvollen ‚geht das?‘, entgegen. Die fixierte sekundenlang die Bluse in meiner Hand, dann mich, rümpfte die Nase und schüttelte schließlich den Kopf. Hätte sie nicht zu tun brauchen. Verstand sich von selbst, dass dieser rote Fetzen längst in den gelben Sack gehörte. Ich wandte mich ab und eilte in mein Schlafgemach zurück, wo ein weiteres Textil samt Kleiderbügel auf dem Bett landete und ich rücklings oben drauf. Genervt krallten sich meine Finger in die verschiedenen Stoffe unter mir, während meine Stimme verschnupft plärrte: „Hab nichts anzuziehen.“