Читать книгу Mein Chef und andere Hürden онлайн | страница 4
Als ich - „die Neue“ - zum Team stieß, erhoffte ich mir als Willkommen zumindest ein bedeutendes Lächeln. Stattdessen servierte man mir psychischen Stress stabil. Wie es in der Arbeitswelt halt so abläuft, wenn man beständigem Personal einen Firmenfremden vor die Nase setzt, obwohl man selbst mit dem frei gewordenen Job liebäugelt.
Weiß Gott, zu Anfang ruderte ich ohne Pause, um mich bei meinen Kolleginnen in der Obstabteilung durchsetzen zu können. War nur zu bestrebt, mir durch Fleiß und Können ihren Respekt zu verschaffen. Doch nachdem Dorner mich wegen der faulen Melone vor allen abgekanzelt hatte, rückte ich kilometerweit wieder davon ab. Gerade als ein Schimmerchen Erfolg am Horizont sichtbar geworden war, musste er seine nicht zu unterschätzende Macht demonstrieren und mir in Sekundenschnelle die von mir hart erarbeitete Anerkennung meiner Kolleginnen vernichten. Mit ein paar läppischen Worten eliminierte er Wochen der Anstrengung, die sich mit Lichtgeschwindigkeit in ihren Gehörgängen festfraßen und hochkarätige Schadenfreude auslösten.
Deshalb und nur deshalb hing er wie Blei an meinen Füßen, der vortägige Frust; ausgelöst durch Dorner, die faule Melone und den verräterischen Mücken.
Mein geschundenes Ego galt es aufzupäppeln. Was zöge meinen angeschlagenen Selbstwert besser aus Dorners Trampelzone, als ein Erfolgserlebnis, inmitten dieser steifen Arbeitsrivalen? Ohne lange zu fackeln rief ich „Damenwahl“ aus, schnappte mir Fleischhacker und legte mit ihm einen nicht mehr ganz so kontrollierten Boogie aufs Parkett. Kleiner Versuch meinerseits, den verkrampften Haufen von Bereichsleiterkonkurrenten aufzulockern. (Kennzahlen lügen nicht.) Zum Gaudium der einen und zum Staunen der anderen. Zur Kategorie der Erstaunten zählte auch Dorner, der mich, wie die meisten der Anwesenden, von meiner vergnüglichen Seite noch nicht kannte. Fast ununterbrochen lugte er nach mir, während der Rhythmus des Boogies mich in immer ausgelassenere Tanzgebärden verfrachtete. Von seinem „Interesse“ animiert, offerierte ich mich keuchend: „Nächster Boogie gefällig?“ Worauf er pikiert auf die andere Seite sah und tat, als höre und sehe er nichts. Meine temporeichen Bewegungen forderten ihren Tribut und ich rettete mich atemlos aber happy auf einem Stuhl, der gut ein paar Pinselstriche Leim vertragen hätte. Besser ein Streichholz, korrigierte ich, weil die Lehne aus der Verankerung riss als ich ihr meinen Rücken anvertraute und ich damit beinahe umgefallen wäre. Und während mein Gleichgewicht noch mit meiner Sitzgelegenheit kämpfte, überkam mich blitzartig ein nicht zu übersehendes Detail, das ich unbedingt an den Mann, besser, an die Frau bringen musste. Und es sprudelte aus mir heraus: „Ist euch Weiber aufgefallen, dass Fleischhacker der einzige Mann in unserer Truppe ist?“ Diese höchst denkwürdigen Worte garnierte ich stolz mit einen Schluck Wein. Besser mit drei oder vier. Alle waren so steif hier. Nur zögernd gönnerhaft gestand ich zu, dass die grauen Zellen meiner Kolleginnen meinen nicht hinterher hinkten, als sie lautstark vermeldeten: „Und Dorner?“