Читать книгу Mein Chef und andere Hürden онлайн | страница 8

„Sag Will, ich wäre wild darauf, ihn zu treffen, nur bin ich leider nicht ganz momentan.“

„Nicht momentan? Was soll das heißen?“

Ja, was eigentlich. So genau wusste das keiner, wahrscheinlich nicht einmal Will selbst, der dieses Vokabular seinerzeit als Kind irgendwo aufgeschnappt und es dann ständig benutzt hatte. Bei jeder Gelegenheit, fast in jedem Satz. Was ihm den Spitznamen Momento-Will einbrachte. „Sag ihm das. Er kennt sich schon aus.“

„Soll das heißen, du kommst nicht?“

„Mir geht es heute nicht gut, Mutter.“

„Du kränkelst? Warst du beim Doktor?“

„Eine Mütze Schlaf tut es auch.“

„Wie immer treibst du Schindluder mit deiner Gesundheit, Rena. Geh zum Arzt, sonst tut es dir noch leid.“

Typisch Mutter. Die Sorge in Person zu mimen, ohne zu fragen, woran ich „erkrankt“ sei.

Im Hintergrund rief jemand: „Gerdi, wir warten auf dich!“

„Ich muss auflegen. Willst du bestimmt keinen Lammbraten?“

„N e i n.“

„Wie du magst.“

Aufgelegt. Entgeistert starrte ich auf den tutenden Hörer. Mein Zynismus ließ mich sagen: „Danke für die lieben Genesungswünsche“, und legte ebenfalls auf. Solchen Situationen ausgeliefert, steuerten meinen Gedanken automatisch hilfesuchend zu meinem Leitfaden fürs angenehme Dasein im Jetzt. Dem Buch mit dem Titel: Wünsche beim Universum bestellen. Darin stand, wie man Wünsche formulieren musste, um sie vom Universum auch richtig erfüllt zu bekommen. Stets positiv, nie negativ in der Aussage ausgedrückt. Und ich bestellte: „Universum, ich bestehe auf eine erholsame, schlafreiche Stunde.“ Mit Sicherheit würde nun Ruhe sein. Als esoterischer Anhänger überzeugte mich diese Methode voll und ganz, da sie bisher stets funktioniert hatte. Spätestens bei der Parkplatzsuche lieferte ich mich nach zwei Runden vergeblicher Suche diesem Ritual jedes Mal hingebungsvoll aus. Und es endete stets mit einem Spitzenparklatz. Unglaublich, aber wahr. Okay, manchmal mit vier Suchrunden zusätzlich.

Zufrieden rekelte ich mich in mein Kissen und stellte mich darauf ein, wieder in das Land der Träume zu segeln. Leider nicht, auf halbem Weg wieder umzukehren, weil irgendwo irgendwas immens schrillte. Schlaftrunken hob ich meinen Kopf, um mich zu orientieren, um herauszufinden, welcher Krach wo um mich wäre. Sekundenlang fehlte mir erst mal der Plan. Als sich mein benebeltes Denken stufenweise lichtete, ortete sich der Krach als „rufendes“ Telefon. Fauchend stülpte ich das Kissen über mein Gesicht, wobei mich die naive Hoffnung erfüllte, den nervigen Tönen so zu entkommen. Mit dem Resultat, dass kurz darauf jede einzelne meiner Nervenzellen K.O. gehend meinen Willen lähmten. Mit jeglichen Verwünschungen, die mir schlaftrunken in den Sinn kamen, grapschte ich nach dem misstönigen Ding.


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