Читать книгу Mein Chef und andere Hürden онлайн | страница 12

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Der prüfende Blick meiner Schwester, beim Entree, gab mir das Gefühl, sowohl mit dem Lippenstift die Konturen verfehlt, als auch vergessen zu haben nach dem nachmittäglichen Relaxen im Bett meine blondierten Struwwelpeter-Zotteln in Ordnung zu bringen. Am Ende ihrer Beschau kam sie zu dem für mich aufbauenden Schluss: „Du siehst verknittert aus. Als hättest du die Nacht durchgemacht.“

Ihre Worte lösten einen Schluckeffekt in mir aus. Schluck. Ich dachte an die zurückliegende Firmen-Weihnachtsfeier, die sich zwar nur bis Mitternacht ausgedehnt hatte, jedoch mit viel zu vielen Promille. Gut, akzeptiert. Denn so falsch tippte sie nicht, mit der Einschätzung meiner Person. Reiner Großmut, zu dem mir meine esoterischen Kenntnisse verholfen hatten, die lehrten, aus allem nur das Positive heraus zu hören.

Im Esszimmer angekommen umarmte mich Schwager Bernd mit brüderlichem Kuss. Einen guten Geschmack besaß sie, meine Schwester, was Männer anging, das musste ihr der Neid lassen. Bernd überragte mich um eine halbe Kopflänge, außerdem war er sehr schlank. Warum kam ich mir neben ihm eigentlich immer dicker vor, als ich wirklich war? Seine grauen Schläfen machten ihn unheimlich interessant, während ihn seine vollen Lippen sinnlich wirken ließen. Als Notar mit eigener Kanzlei sowie genug Klienten am Hals bot er meiner Schwester ein versorgtes Leben. Eines, das sie sich für mich auch wünschte, erklomm die dunkel drohende Ahnung in mir, als ich einen weiteren Mann im Zimmer wahrnahm. Claudia entgingen meine gestrengen Falten über meiner Nasenwurzel nicht. Mein vorwurfsvoller, alles durchschauender Blick traf sich mit ihrem. Sie reagierte schnell. Zu schnell. Und viel zu melodisch für meine Ohren verlautbarte sie: „Stell dir vor Verena, Herr Klappe, ein ehemaliger Studienfreund von Bernd, versäumte den Zug ...“

Kurz und so unauffällig wie möglich rümpfte ich die Nase. Ja, ja, so ein Zufall, dachte ich, den Fremden nochmals in Augenschein nehmend. Der lächelte freundlich und kam mit ausgestreckter Hand auf mich zu. „Guten Abend, Klappe, Heinrich Klappe.“


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