Читать книгу Das Tagebuch der Jenna Blue онлайн | страница 7

»Ach was, die Einladung galt auch mir?«

Scarletts Lächeln bekommt etwas Wölfisches. »Natürlich.«

Ich frage mich, wann ich den Pelz verlor und das Cape überstreifte. Jetzt trägt Scarlett die Wolfshaut und ich bin ihr unterlegen – wie Maria vorhin mir. Meine Hände sind schweißkalt, der Lenker droht mir zu entgleiten.

»Also, begleitest du mich?«

»Begleiten?«, echoe ich ungläubig.

»Nun, wir haben den gleichen Weg.«

Sie lässt den Satz verklingen. Vielleicht ist ihr selbst aufgegangen, dass wir tagtäglich den gleichen Weg nutzen, doch niemals zusammen radeln. Alles an ihrer Bitte ist falsch. Ich soll sie begleiten? Dass ich nicht lache!

»Wie geht es deiner Nase?«, fragt Scarlett da und betrachtet mich von der Seite. Ich zwinge den Blick nach vorn. Keine Schwäche zeigen, nicht einen Zentimeter breit. »Das war wirklich ein unglückseliger Wurf. Mitten ins Gesicht. Ich weiß nicht, wann ich zuletzt so viel Blut gesehen habe.«

Ich hasse sie.

Ich hasse sie.

Ich hasse …

»Derek hätte besser aufpassen müssen. Keine Sorge, das wird ihm so schnell nicht wieder passieren.«

»Ach nein?«, zwinge ich hervor.

»Nein.« Sie klingt fast bedauernd. »Wir sind Schwestern und ich sorge für dich. Auf meine Weise.«

Ich schnaube. Sie seufzt.

»Weißt du, Jenna, wir müssen nicht so sein. Zueinander, meine ich. Wir könnten –«

»Was? So tun, als wäre nichts geschehen?«

»Warum nicht?« Diesmal sehe ich sie an. Ihr Blick wirkt erneut fragil. Ist es nun das Laub oder der Wolfspelz, den sie trägt? Ich traue ihr nicht. Geschweige denn mir selbst.

»Komm zur Party. Begleite mich. Wie früher.«

Früher. Bevor unsere Familie entzweibrach. In ein Davor und ein Danach. Als Mutter noch da war und dann nicht mehr.

Mit ihr verloren wir uns selbst.

»Es gibt kein Zurück.« Ich bleibe stur.

»Nein«, sagt sie und lächelt sanft. »Aber ein Weiter.«


Wenn ich über uns nachdenke, frage ich mich oft, ob wir selbst es sind oder das Dorf, das an ein Märchen denken lässt. Wie in den alten Geschichten kennt es weder eine bestimmte Zeit noch eine bestimmte Lage. Zu klein, zu weit ab von den Wegen, zu einsam gelegen am Rande der Nordsee. Es könnte auch jedes andere Meer oder gar ein See sein, an dessen Ufern diese Geschichte ihren Anfang nahm. Bootshaus und Schule sind lediglich Nebenschauplätze, die so oder auch anders sein könnten. Einzig der Resthof, die Spukvilla und der toxische Garten dazwischen sind elementar.


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