Читать книгу Das Tagebuch der Jenna Blue онлайн | страница 8

Ist es nun der Ort, der über uns bestimmt?

Oder führen wir selbst Regie?

Du würdest sagen, das Übel sprießt aus dem Boden.

Ich sage, wir tragen es in uns.

Doch ich greife voraus.

Noch sind wir nicht so weit.

Noch nicht.


Die Straße wird schlechter, schweigend weichen wir den kraterartigen Schlaglöchern aus, die seit Jahren nicht ausgebessert wurden. Ich kenne ein jedes auswendig, seine Form und Tiefe und das Gefühl derer, durch die ich trotzig zu fahren pflege, in der stillen Hoffnung, es möge mich niederreißen, und triumphierend, sobald ich sie bezwungen habe. Scarlett beobachtet mich mit einer Mischung aus Mitleid und Überlegenheit. Sie meidet die Risse im Beton, während ich so viele zu passieren versuche wie möglich. Ist es Spieltrieb, der mich dazu anhält? Oder ein masochistischer, selbstzerstörerischer Drang?

»Du solltest mehr lachen«, stellt Scarlett fest. »Was nützt das tiefste Loch, solang es keine Freude bringt?«

»Was verstehst du schon davon.«

»Ich weiß beispielsweise, wieso du glaubst, mich hassen zu müssen.« Sie spricht mit einer Ruhe, für die allein ich sie vom Rad stoßen könnte. »Ich komme damit klar und du nicht. Ich verfüge über Resilienz und lebe weiter, während du dich aufgibst. Mir das zum Vorwurf zu machen halte ich für fragwürdig, wenn nicht gar für unfair. Ich vermisse sie genauso, allerdings –«

Da unterbreche ich sie: »Halt die Klappe!«

»Jenna, ich …«

»Lass es!«

»Findest du nicht, wir sollten …«

Ich trete in die Pedale, Scarlett bleibt zurück.


Ich drossele das Tempo erst, als sich das Mauermassiv am Straßenrand erhebt. Scarlett ist überzeugt, dass unser Dorf schon vor Mutters Verschwinden verflucht war. Es ist auf keiner Karte vermerkt, nicht einmal bei Google Maps, als sei es schlicht vergessen worden, gestrichen aus dem Gedächtnis der Welt. Ein Ort des Nirgendwo, dessen einzige Besonderheit das Spukhaus ist.

Vermooster Klinker, ein Tor aus rostigem Eisen und dahinter der geschwungene Kiesweg. Er ist gesäumt von dichten Spindelsträuchern und uraltem Silberregen, durch den der Wind träge streicht. Mehr ist von der Straße nicht zu erkennen. Innerhalb der Sphäre unseres Dorfes spinnen sich unzählige Legenden um das Spukhaus und seinen Besitzer.


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