Читать книгу Mein Chef und andere Hürden онлайн | страница 19

„Natürlich. Dachte aber, vielleicht sollte man diesmal von einer Sorte mehr schneiden?“

„Eine Reihe genügt. Wenn noch Platz ist, schneide zusätzlich Gurken. Davon ist ein Überhang da.“

Unser Markt bot nicht nur frisches, sondern auch vorgeschnittenes Obst und Gemüse für Köchinnen in Zeitnot zum Kauf an, was manche dankbar annahmen.

Nachdem die Regale mit frischer Ware fertig bestückt waren, ging mein Stolz mit mir durch. Die abwechselnden Farbreihen in Rot, Grün, Gelb und Weiß in der Schräge, stachen malerisch in die Augen. Außerdem nötigten sie, zuzugreifen. Der vollstehenden Absicht dahinter wurde somit genüge getan. Zufrieden widmeten wir unsere Aufmerksamkeit nun dem entstandenen Müllberg und entfernten ihn. Die leeren Kartons endeten in der Hubpresse, die Obst-Einsatzkisten für den Lieferanten zur Abholung auf der Laderampe, die welken Blätter der Salate vom Vortag, sowie alles andere Verdorbene landete in der Biotonne. Anschließend kontrollierte ich die Preisauszeichnungen. Für jedes Produkt, der richtige Preis. Eine Grundklausel vom Arbeit- und Gesetzesgeber, die selbstverständlich für mich war. Durch den täglichen Arbeitsbeginn um sechs Uhr früh kamen wir bisher alle nicht zum Frühstücken. Deshalb huschte ich zwischendurch ins innenliegend angrenzende Restaurant, um für meine Mädels und für mich eine Tasse Kaffee zu besorgen, was sie mit Lobgesängen honorierten. Meist rief mich um neun die Büroarbeit. Sei es, um Reklamationen an die Lieferanten zu übermitteln, die Preisplakate wegen der falsch angegebenen Herkunftsländer richtigzustellen oder um die verschiedenen täglichen Bestellungen unter einen Hut zu bringen. Geschweige denn vom Ausrechnen der Umsatz- und Mankozahlen, die der Chef um fünfzehn Uhr vorgesagt bekommen wollte. Montags verlangte die Obstwaage, zwecks neuer Preise, kontrolliert, so wie mit allen saisonbedingten Neuwaren programmiert zu werden. Bei preisgeänderten Stück-Artikeln war es erforderlich, die aktuellen Preise auszudrucken und hinterher an den Regalen zu stecken. Sortimentsneue Artikel wurden zur Kontrolle an der Kassa ausprobiert, ob der Verrechnungscode funktionierte. Für die Blumen, ob echt oder nicht, die ebenfalls zum Sortiment der Abteilung gehörten, war ein dekorativer Aufbau unverzichtbar, besagte die Verkaufsklausel. Denn: Je dekorativer der Aufbau, desto höher der Umsatz. Bei einigen Artikeln flutschte der Kassacode nicht, die erstrebten eine Kassaübermittlung. Die Putzmaschine zog auf dem hellen Fliesenboden schwarze Streifen, sodass wir gezwungen waren, händisch zu putzen. Luft holten wir erst ... irgendwann ... Und als in dieser Zeitphase Hildtrud fragte: „Wann zeichnest du den Einsatzplan für kommende Woche?“, rief ich noch gelassen: „Mittwoch.“ Doch als gleich darauf Veronika ihren Sommerurlaub von mir bestätigt und abgesegnet haben wollte, schrie ich: „Hilfe!“ Aber nur innerlich. Denn als Abteilungsleiter musste ich Stärke zeigen. Sowohl Flexibilität, Gewandtheit, Belastbarkeit und auch Domäne. Dass dabei die nach außen reflektierende Weiblichkeit verloren ging, war kein Weltuntergang für mich. Männliche Chefs in Führungspositionen wurden von den Mitarbeitern sowieso ernster genommen.


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