Читать книгу Mein Chef und andere Hürden онлайн | страница 23
„Irgendwo hab ich Sie schon gesehen“, spann er aus. „Wenn ich nur wüsste, wo?“ Er begann in seinen Hosentaschen zu wühlen. Gleich darauf zog er ein Taschentuch hervor, in das er geräuschvoll anhaltend hineinschnäuzte.
Simba sah aus, als fühle sie sich überflüssig und stand auf. „Muss gehen“, meinte sie, „es kommt ein Interessent, der vielleicht eines meiner Bilder kauft.“
Mir fiel das Besteck aus der Hand. „Warte, ich muss auch ...“, sprudelte es aus meinem Mund, zusammen mit einigen Essensbrocken, die auf der Tischplatte landeten. Von diesem Schönling „angemacht“ zu werden war für mich unmöglich länger zu verkraften. Ohne Simbas symbolischem Schutz schon gar nicht. Dieser Fremde brachte meine sonst so gefestigte Persönlichkeit derart ins Torkeln, dass ich mir nur noch behämmert vorkam in seiner Gegenwart. Als betagter Beziehungspleiten-Single machte ich mir natürlich nichts vor. Im mittäglichen Zeitvertreib hätte er vermutlich jede angebaggert, deren Weg er kreuzte. Eine alltägliche Sache. Nicht Wert, lange darüber nachzudenken. Schon gar nicht irgendetwas daraus zu schließen. Eine nichtssagende Zufallsbekanntschaft, die regelrecht danach schrie, sie zu vergessen.
Auf der Straße angelangt, im Schnee vorwärts stapfend, rückte mir Simba meinen verwirrten Kopf zurecht: „Wieso bist du nicht geblieben, wo ich extra das Feld räumte.“
Spinnt die? „Es genügt, dass Claudia mich verkuppeln will. Fang du nicht auch damit an.“
„Nicht nötig. Sogar ein Blinder hätte bemerkt, dass er sich für dich interessiert.“
„Sei nicht albern. Auf so eine plumpe Anmache kann ich in meinem Alter verzichten.“
Schelmisch wog sie den Kopf hin und her. „Na, na. Für mich sieht es aus, als hätte dich diese plumpe Anmache ganz schön durcheinandergebracht.“
„Unsinn“, dementierte ich das aufs Schärfste.
„Sag, ob er dich echt kennt? Manchmal beruht eine Anmache ja auf Wahrheit.“
Ich wollte nichts mehr davon hören. Trotzdem fing es im tiefsten Winkel meiner Seele zu sprudeln an. Was mich ärgerte, mir außerdem unbegreiflich war, der Mann war mir unbekannt. An ihn zu denken und gleichzeitig zu fühlen, wie ein Teenager vor dem ersten Date, kam mir drastisch albern vor. Grund genug, mir jeden weiteren Gedanken darüber zu verbieten. Auf mich wartete die Karriereleiter. Täglich umschwirrten mich Umsatzzahlen, Mankozahlen und Kundenbewertungszahlen. Dazu passte keine Liebesromanze.