Читать книгу Der schöne Sommer онлайн | страница 52
Von da an dachte Ginia, wer weiß warum, viel an jene Luisa und beneidete sie darum, dass sie Guidos Schwester war, und versuchte, sich die Gespräche vorzustellen, die Guido als Junge mit ihr geführt hatte. Jetzt begriff sie, warum Amelia ihn nie gewollt hatte. »Wenn er kein Maler wäre, wäre er ein beliebiger Bauernlümmel«, und sie stellte sich ihn als Wehrpflichtigen vor, als einen der jungen Burschen, die im März, das Tuch um den Hals, singend vorbeiziehen und Soldaten werden. »Aber er lebt hier«, dachte sie, »und hat studiert, und wir haben die gleichen Haare.« Wer weiß, ob auch Luisa blond war. In jener Nacht schloss Ginia, sobald sie nach Hause kam, die Türe ab, dann zog sie sich vor dem Spiegel aus, betrachtete sich besorgt und verglich ihre Haut mit der Farbe von Guidos Nacken. Jetzt tat ihr nichts mehr weh, und es schien ihr sonderbar, dass keine Zeichen zurückgeblieben waren. Sie stellte sich vor, sie posiere für Guido, und setzte sich auf einen Stuhl, so wie Amelia an jenem Tag in Barbettas Atelier. Wer weiß, wie viele Mädchen Guido schon gesehen hatte. Die Einzige, die er noch nicht genau gesehen hatte, war sie, und Ginia bekam Herzklopfen, wenn sie nur daran dachte. Es wäre schön gewesen, plötzlich wie Amelia zu werden, braun, schlank und gleichgültig. So konnte sie sich vor Guido nicht nackt sehen lassen. Zuerst mussten sie heiraten.
Aber Ginia wusste, dass er sie niemals heiraten würde, und wenn sie ihn noch so lieb hätte. Das hatte sie schon von dem Abend an gewusst, an dem sie sich ihm hingegeben hatte. Es war nur zu freundlich von ihm, dass er immer noch zu arbeiten aufhörte, um mit ihr hinter den Vorhang zu kommen. Sie konnte ihn nur weiter treffen, wenn sie sein Modell wurde. Sonst nahm sich Guido eines schönen Tages eine andere.
Ginia fror dort vor dem Spiegel und legte sich den Mantel um die nackten Hüften, auf denen sie eine Gänsehaut bekam. »So wäre es, wenn ich Modell sitzen würde«, sagte sie sich und beneidete Amelia, die sich nicht mehr schämte.