Читать книгу Der schöne Sommer онлайн | страница 63
»Luisa?«
»Ich weiß nicht.«
Ginia studierte die großen Augen und den schmalen Mund. Sie ähnelte niemandem. »Sie ist schön«, sagte sie. »Sie hat nicht diesen verschlafenen Ausdruck, den ihr Maler sonst immer darstellt.«
»Sprich für ihn«, erwiderte Rodrigues, »ich habe nichts damit zu tun.«
Ginia war so froh, dass sie Rodrigues sogar erlaubt hätte, sie zu küssen, wenn er es nur gewusst hätte. Stattdessen kauerte er melancholisch auf dem Sofa, und wäre nicht durch die Scheiben noch ein wenig Licht gefallen, hätte Ginia sich vorgestellt, Guido säße neben ihr, und hätte ihn gestreichelt. Sie schloss die Augen, um es sich auszumalen.
»Wie schön es ist«, sagte sie laut.
Dann fragte sie Rodrigues noch einmal, ob er nicht die genaue Ankunftszeit am nächsten Tag wisse. Doch Rodrigues erwiderte, Guido komme möglicherweise mit dem Fahrrad zurück. Dann sprachen sie über Guidos Dorf, und ohne je dort gewesen zu sein, schilderte Rodrigues es ihr zum Spaß als eine Ansammlung von Schweine- und Hühnerställen, mit Straßen, die zu dieser Jahreszeit so aufgeweicht wären, dass man vielleicht gar nicht fortkommen konnte. Da zog Ginia einen Schmollmund und sagte, er solle aufhören.
Gemeinsam verließen sie das Atelier, und Rodrigues versprach, dass er keine Asche verstreuen werde. »Ich schlafe heute Nacht auf einer Parkbank. Ist dir das recht?« Sie traten lachend aus dem Haustor, und Ginia nahm die Straßenbahn und dachte an Amelia, an die Mädchen auf den Zeichnungen und verglich sich im Geist mit ihnen. Ihr war, als seien sie erst gestern auf dem Hügel gewesen, und jetzt kehrte Guido zurück.
Am nächsten Tag wachte sie niedergeschlagen auf. Im Handumdrehen war es Mittag. Sie hatte mit Rodrigues ausgemacht, dass sie sich, falls Guido kam, im Café treffen wollten. Auf Zehenspitzen schlich sie am Café vorbei und sah durch die Scheibe die beiden an der Theke stehen. Guido wirkte mager in seinem Regenmantel und stützte den Fuß auf die Stange. Wäre er allein gewesen, hätte Ginia ihn nicht erkannt. Da er den Regenmantel aufgeknöpft hatte, bemerkte sie, dass er eine graue Krawatte trug, nicht ihre. In Zivil sah Guido gar nicht mehr wie ein junger Bursche aus.