Читать книгу Der schöne Sommer онлайн | страница 60

Als sie die Treppe hinunterstiegen, sagte sie vielmehr zu ihr, sie dürfe sich nicht an jener Frau rächen, denn wenn sie nichts davon wisse, habe sie auch keine Schuld. Doch Amelia blieb auf der Treppenstufe stehen und unterbrach sie: »Soll ich ihr etwa einen Blumenstrauß schicken?« Sie verabredeten, sich am nächsten Tag im Café zu treffen, und Ginia schaute ihr mit klopfendem Herzen nach, während sie sich entfernte.

Doch am nächsten Tag hielt Ginia es nicht mehr aus. Sie verließ das Haus eine Stunde früher, als die Straßenlaternen noch brannten, und lief zum Atelier. Sie traute sich nicht, gleich hinaufzugehen, weil Rodrigues noch schlief, sondern spazierte in der Kälte unten auf und ab, sodass es ihr vorkam, als wälze sie sich noch im Bett. Doch dann stieg sie zitternd hinauf und klopfte an die Tür.

Rodrigues öffnete ihr im Schlafanzug, sah sie mit trüben Augen an, hüpfte durchs Zimmer und setzte sich wieder auf den Bettrand. Alles war schmutzig und hell wie immer, und Ginia begann zu stottern, und Rodrigues kratzte sich an den Fußgelenken, bis sie ihn schließlich fragte, ob er zum Arzt gegangen sei. Danach zogen sie gemeinsam über Amelia her, und Ginia regte sich so auf, dass ihre Stimme zitterte, während sie zur Seite blickte, um seine hässlichen Füße nicht sehen zu müssen.

Dann sagte Rodrigues: »Ich gehe wieder ins Bett, mir ist kalt«, drehte sich um und zog die Decken über sich.

Als Ginia ihm bebend gestand, dass Amelia sie geküsst hatte, fing er, im dämmrigen Licht auf den Ellbogen gestützt, zu lachen an und sagte: »Also sind wir Kollegen. Nur ein Kuss?«

»Ja«, sagte Ginia, »ist das gefährlich?«

»Was für ein Kuss?«

Ginia verstand nicht. Da erklärte er es ihr, und Ginia schwor, es sei ein Kuss unter Mädchen gewesen.

»Dummheiten«, sagte Rodrigues, »sei ganz ruhig.«

Ginia stand vor dem Vorhang und bemerkte auf dem Tisch ein schmutziges Glas und Orangenschalen. »Wann kommt Guido zurück?«, fragte sie.

»Am Montag«, antwortete Rodrigues. »Siehst du? Das ist ein Stillleben«, und er deutete auf das Glas.


Представленный фрагмент книги размещен по согласованию с распространителем легального контента ООО "ЛитРес" (не более 15% исходного текста). Если вы считаете, что размещение материала нарушает ваши или чьи-либо права, то сообщите нам об этом.