Читать книгу Der schöne Sommer онлайн | страница 62
Amelia dagegen ging nicht mehr hin. Ginia verbrachte den Samstagnachmittag mit ihr und begleitete sie zu dem Arzt, der ihr die Spritzen gab. Sie blieben unentschlossen an der Tür stehen, und schließlich sagte Amelia: »Komm nicht mit hinauf, sonst findet er bei dir auch noch irgendeine Krankheit.« Dann sprang sie rasch die Stufen hoch und rief ihr noch »Ciao Ginia« zu, sodass Ginia, die vorher so fröhlich gewesen war, verzweifelt nach Hause zurückkehrte. Nicht einmal der Gedanke, dass Guido in einem Tag wieder da sein würde, konnte sie ausreichend trösten.
Auch der Sonntag verging wie im Traum. Ginia blieb den ganzen Nachmittag im Atelier und fegte, putzte, räumte auf. Rodrigues versuchte erst gar nicht, sie zu belästigen. Er half ihr, Berge von Papiertüten und Obstschalen wegzutragen. Dann klopften sie den Staub von den Büchern im Kamin ab und stellten sie in einer Reihe auf eine Kiste. Als sie die Pinsel auswuschen, hielt Ginia einen Augenblick entzückt inne: Der Terpentingeruch erinnerte sie an Guido, als stünde er neben ihr. Sie lächelte, weil Rodrigues nicht verstand.
»Er hat Glück, der Schweinehund«, sagte Rodrigues, als Ginia fertig war und mit dem Handtuch hinter dem Vorhang hervortrat. »Das hätte er nie erwartet.«
Dann tranken sie am Ofen Tee und blätterten einige Mappen von Guido durch, die sie unter den Büchern gefunden hatten, aber Ginia war enttäuscht, denn es waren nur Landschaften und der Kopf eines Alten. »Warte nur«, sagte Rodrigues, »ich weiß, was du suchst.«
Nach einer Weile begannen die Zeichnungen von Frauen. Sie sahen wie Modeskizzen aus. Ginia betrachtete sie belustigt, denn es war die Mode von vor zwei Jahren. Dann kamen weibliche Akte zum Vorschein. Dann kamen nackte Männer, und Ginia blätterte rasch um, weil Rodrigues, der an der Wand lehnte, sich vorbeugte. Zuletzt kam wieder eine angezogene Frau, ein Mädchen mit quadratischem, bäuerlichem Gesicht, Kopf und Schultern. »Wer ist das?«, fragte Ginia.
»Das wird seine Schwester sein«, sagte Rodrigues.