Читать книгу Der schöne Sommer онлайн | страница 61
Ginia lächelte und wandte sich um.
»Setz dich, Ginia. Setz dich hier aufs Bett.«
»Ich muss mich beeilen«, sagte Ginia, »ich arbeite doch.«
Doch Rodrigues beklagte sich, dass sie ihn geweckt hatte und ihm jetzt nicht einmal Guten Morgen sagen wollte. »Um zu feiern, dass wir der Gefahr entronnen sind«, sagte er.
Da setzte sich Ginia auf die Bettkante, unter den weit geöffneten Vorhang. »Ich habe Angst um Amelia«, sagte sie. »Die Ärmste. Sie ist verzweifelt. Wird man wirklich blind?«
»Aber nein«, sagte Rodrigues, »man wird wieder gesund. Sie werden sie von allen Seiten zerstechen, werden ihr ein paar Stückchen Haut herausschneiden, und du wirst sehen, zuletzt geht dieser Arzt noch mit ihr ins Bett. Glaub mir.«
Ginia unterdrückte ein Lächeln, und Rodrigues fuhr fort: »Hat er euch auf den Hügel mitgenommen?«, und streichelte beim Sprechen ihre Hand, als wäre es der Rücken einer Katze.
»Was für kalte Hände«, sagte er dann, »warum kommst du nicht und wärmst sie dir?«
Ginia ließ sich auf den Hals küssen und sagte: »Nehmen Sie sich zusammen«, dann stand sie auf, über und über rot, und lief davon.
XIV.
Am Abend kam auch Rodrigues ins Café und setzte sich an den Nebentisch, auf Ginias Seite.
»Wie geht es mit der Stimme?«, fragte er, weder ernst noch lachend.
Ginia versuchte gerade, Amelia zu trösten und ihr zu erklären, dass man wieder gesund werden könne, war aber froh, nicht weiterreden zu müssen. Rodrigues und sie sahen einander kaum an.
Auch Amelia schwieg, und Ginia wollte schon nach der Uhrzeit fragen, als Rodrigues ironisch sagte: »Tüchtig, tüchtig, du verführst also auch minderjährige Mädchen.«
Amelia verstand nicht sofort, und Ginia schloss die Augen. Als sie sie wieder öffnete, hörte sie Amelias drohende Stimme: »Was hat diese dumme Gans dir erzählt?«
Doch Rodrigues hatte Mitleid, denn er sagte: »Sie ist heute früh gekommen und hat mich geweckt, um mich zu fragen, wie es dir geht.«
»Sie hat wohl zu viel Zeit«, sagte Amelia.
Ginia bemühte sich in jenen Tagen, besonders gut zu sein, damit Guido wirklich zurückkäme, und besuchte auch Rodrigues wieder. Nicht mehr im Atelier, weil die Erinnerung sie abschreckte und Rodrigues außerdem ein Langschläfer war, sondern mittags in der Trattoria, in der er aß und in der auch Guido essen würde. Sie lag auf dem Weg, den die Straßenbahn nahm, und Ginia sah für einen Augenblick bei ihm vorbei, scherzte mit ihm und erkundigte sich, ob es Neuigkeiten gebe. Sie machte es wie Amelia und zog ihn auf. Aber Rodrigues hatte verstanden und rührte sie nicht mehr an. Sie verabredeten, dass sie am Sonntag ins Atelier kommen würde, um für Guido ein bisschen sauber zu machen. »Uns Syphilitikern«, sagte Rodrigues, »graut vor gar nichts.«