Читать книгу Factory Town онлайн | страница 6
Wir gingen durch schlaglochübersäte Straßen, vorbei an schmutzstarrenden Bettdecken, einer zertrümmerten Badewanne, einer rostigen Schaufel. Sahen einen einzelnen Armeestiefel und eine Weihnachtslichterkette. Sie schmiegte sich an mich, legte den Kopf auf meine Schulter und hakte sich unter. Ein Mann stand mitten im Regen gegen ein Gebäude gelehnt, die grauen Haare mit Pomade zur Tolle gekämmt, und schrie: Lass bloß die Finger von der, die bricht dir das Herz, darauf kannst du Gift nehmen! Die Hure schüttelte den Kopf und sagte nur Psst. So gingen wir weiter durch den strömenden Regen, zwischen verfallenden Häusern, und mein Hirn blutete.
Kurz danach betraten wir ein Gerippe von Haus, in dem ich ihr durch ein Labyrinth eigenartiger Korridore in einen abgedunkelten Raum folgte. Dort war es kälter als draußen. Sie zog mich an sich und lachte. Es war ein schreckliches Lachen. Sie roch nach billigem Parfüm und billigem Schnaps. Ich war abgestoßen und angeekelt, nervös und besorgt. Der Raum war karg und verdreckt, von der Decke hing eine nackte Glühbirne, die Matratze war fleckig von Blut und Bourbon, die Mauern mit Asbest geflickt. Auf einem Nachtkästchen stand ein übel verbeulter Wecker, dessen Ziffern abblätterten. Die Zeiger verharrten für immer auf drei vor zwölf …
Bei einem Blick aus dem Fenster sah ich mehrere merkwürdige Männer in ausgebeulten Parkas, die gleichmäßig und methodisch den Grundstücksrand abschritten. Ich zog den Vorhang zu und lehnte mich gegen die Wand. Meine Schläfe pochte.
Unterdessen verlor die Hure keine Zeit. Sie zog das Hemd aus und entblößte große, entstellte Brüste, die sie zu reiben begann, ohne dass es im Geringsten sinnlich wirkte. Sie fragte, wie ich es wolle, und ratterte mit erschreckender Gleichgültigkeit eine Litanei von Stellungen herunter. Ich behielt meine Kleidung an und sagte, dass ich sie ordentlich bezahlen würde, aber nur jemanden zum Reden brauchte, vielleicht auch zum Umarmen, bis ich ein wenig Schlaf fand. Darauf verzog sie das Gesicht, willigte aber ein, Geld ist Geld, und während sie Zigaretten bis zum Filter runterrauchte und aus einer grünen Militärthermoskanne Pfefferminzlikör schlürfte, machte ich ernst: Ich erzählte von Alana und setzte ihr in aller Ausführlichkeit die mysteriösen Umstände ihres Verschwindens auseinander – die sechsjährige Suche in Städten und Bergen und Wüsten. Kein Detail ließ ich aus, aber der Blick aus den beiden blutunterlaufenen Augen der Hure blieb leer. Es war offensichtlich, dass meine Geschichte sie langweilte. Sie rutschte die Wand runter auf den Boden, ließ den Kopf hin und her baumeln und schien so wenig zu begreifen, als würde ich in einer fremden Sprache auf sie einreden, obwohl ich klar und deutlich sprach, trotz meiner schon einen Monat oder länger anhaltenden Schlaflosigkeit …