Читать книгу Der schöne Sommer онлайн | страница 41
Ohne stehenzubleiben, sagte Ginia: »Lass mich in Ruhe.«
Sie verbrachte mehrere Tage mit Herzklopfen, als liefe sie noch immer davon. Wenn sie an die beiden da oben im Atelier dachte, ballte sie die Fäuste. An Guido wagte sie nicht zu denken und wusste nicht, wie sie es anstellen sollte, ihn wiederzusehen. Sie war überzeugt, dass sie auch ihn verloren hatte.
»Ich bin ein dummes Ding«, dachte Ginia zuletzt, »warum laufe ich dauernd davon? Ich habe immer noch nicht gelernt, allein zu sein. Sollen sie doch herkommen, wenn sie was von mir wollen.«
Von dem Tag an war sie gelassener, dachte ohne Aufregung an Guido und begann Severino zu beobachten, der zu Boden blickte, bevor er antwortete, wenn jemand etwas zu ihm sagte, und dem, der gesprochen hatte, niemals recht gab: Eher schwieg er. Er war gar nicht so dumm, obwohl er ein Mann war. Sie hatte sich bisher wie Rosa verhalten. Klar, dass die Leute mit ihr genauso umsprangen wie mit Rosa.
Sie ging nicht mehr ins Kino oder in das Tanzlokal, um die anderen zu suchen. Sie begnügte sich damit, ganz allein durch die Straßen zu wandern, gelegentlich bis ins Zentrum. Es war November, und an manchen Abenden nahm sie die Straßenbahn, stieg an den Bogengängen aus, drehte eine Runde und kehrte wieder heim. Immer hoffte sie, Guido zu begegnen, und blickte allen Soldaten unauffällig ins Gesicht. Nur aus Neugier wagte sie sich eines Abends mit klopfendem Herzen bis zu Amelias Café vor und sah undeutlich viele Leute, doch Amelia war nicht darunter.
Die Tage vergingen langsam, aber die Kälte half Ginia, zu Hause zu bleiben, und in all dem Trübsinn dachte sie, einen Sommer wie den letzten werde sie nie wieder erleben. »Ich war eine andere«, dachte sie, »ich kann unmöglich so verrückt gewesen sein. Nur durch ein Wunder habe ich das gut überstanden.« Dass es im nächsten Jahr wieder Sommer würde, kam ihr unglaublich vor. Und sie sah sich schon abends die Alleen entlanggehen, allein und mit geröteten Augen, von zu Hause zur Arbeit, von der Arbeit nach Hause, in der lauen Luft, wie ein Mädchen von dreißig Jahren. Am schlimmsten war, dass es ihr gar nicht mehr so viel Spaß machte wie früher, die halbe Stunde in der Dunkelheit auf dem Bett zu liegen. Auch wenn sie in der Küche hantierte, dachte sie an das Atelier, und ihr blieb immer Zeit, in die Luft zu schauen.