Читать книгу Der schöne Sommer онлайн | страница 39
Ginia antwortete, sie könne die Schneiderei nicht verlassen, wie es ihr passe.
»Aber die bezahlt uns, weißt du?«, sagte Amelia. »Es ist ein Bild, für das sie lange brauchen wird. Wenn du nicht mitkommst, nimmt sie mich auch nicht.«
»Genügst du ihr allein nicht?«
»Sie will zwei Frauen darstellen, die miteinander ringen, verstehst du. Es müssen zwei sein. Es wird ein großes Bild. Wir brauchen uns nur hinzustellen, als tanzten wir.«
»Ich will nicht Modell stehen«, sagte Ginia.
»Wovor hast du Angst? Sie ist doch auch eine Frau.«
»Ich will nicht.«
Sie diskutierten bis zur Straßenbahn, und Amelia fing an, sie zu fragen, was sie eigentlich unter den Kleidern zu haben glaube, dass sie es hüten müsse wie das Allerheiligste. Sie sprach wütend, ohne Ginia anzusehen. Ginia antwortete nicht. Doch als Amelia zu ihr sagte, für Barbetta hätte sie bestimmt eingewilligt, sich auszuziehen, lachte Ginia ihr ins Gesicht.
Sie trennten sich so zerstritten, dass klar war, dass Amelia ihr nicht verzeihen würde. Aber Ginia, die anfangs die Achseln zuckte, bekam auf einmal Angst bei der Vorstellung, Amelia könne sie vor Guido und Rodrigues bloßstellen, und sie war nicht sicher, ob Guido nicht so leichtgläubig wäre, sie auch auszulachen. »Für ihn würde ich Modell stehen, wenn er es wollte«, dachte sie. Aber sie wusste genau, dass Amelia besser gebaut war als sie und dass ein Maler sie vorziehen musste. Amelia war mehr Frau.
Später ging sie auf einen Sprung im Atelier vorbei, um Amelia zuvorzukommen. Es war um die Zeit, zu der auch Guido, wie er ihr gesagt hatte, immer dort war. Sie fand die Tür verschlossen. Ihr fiel ein, dass Guido mit den anderen beiden im Café sitzen könnte. Sie ging am Café vorbei und schaute kurz durch die Scheiben, sah aber nur Amelia, die das Kinn auf die Faust stützte und rauchte. »Die Ärmste«, dachte sie, während sie nach Hause ging.
Nach dem Abendessen sah sie von der Straße aus Licht im Atelier und lief zufrieden hinauf; aber Guido war nicht da. Rodrigues öffnete ihr, ließ sie eintreten und sagte, sie müsse entschuldigen, doch er habe Hunger und esse gerade. Er aß Salami von einem Stück Papier, im Stehen an den Tisch gelehnt, in dem gleichen melancholischen Licht wie beim ersten Mal. Wie ein Junge biss er ins Brot, und wäre seine Gesichtshaut nicht so dunkel und sein Blick nicht so falsch gewesen, hätte Ginia ihn vielleicht sogar aufgezogen. Er fragte sie, ob sie etwas wolle, aber Ginia erkundigte sich nur nach Guido.