Читать книгу Der schöne Sommer онлайн | страница 35
Draußen auf den Dächern lag noch ein wenig Sonnenlicht, und Ginia, die am Fenster saß, wandte den Blick vom Himmel zu den beiden und sah hinten den granatroten Vorhang und dachte, wie schön es wäre, dahinter versteckt, ohne dass irgendwer davon wüsste, jemanden zu beobachten, der sich allein im Zimmer glaubte. In diesem Augenblick sagte Guido: »Es ist kalt. Gibt es noch Tee?«
»Es gibt Tee und einen Kocher. Nur das Gebäck fehlt.«
»Heute macht uns Ginetta den Tee«, sagte Guido, indem er sich umdrehte. »Der Kocher steht hinter dem Vorhang.«
»Es wäre besser, wenn sie Kekse kaufen ginge«, sagte Rodrigues.
»Von wegen«, erwiderte Ginia. »Gehen Sie selber, Sie sind ein Mann.«
Und während die beiden wieder zu reden begannen, suchte Ginia hinter dem Vorhang den Spirituskocher und die Tassen und die Teedose. Nachdem sie das Wasser aufgesetzt hatte, spülte sie am Waschbecken die Tassen, in der Dunkelheit hinter dem Vorhang, die nur das Flämmchen ein wenig erhellte. Sie hörte die beiden Stimmen im Hintergrund; ihr war, als sei sie allein in jenem Winkel, wie in einer leeren Wohnung, und als herrsche eine große Ruhe um sie her, in der sie sich sammeln und nachdenken konnte. Nur undeutlich erkannte man in jenem Licht das zerwühlte Bett in dem schmalen Raum zwischen Wand und Vorhang. Ginia stellte sich Amelia vor, wie sie darauf lag.
Als sie herauskam, merkte sie, dass die beiden Männer sie neugierig ansahen. Ginia hatte schon den Hut abgenommen, warf den Kopf zurück und nahm einen großen Teller vom Fensterbrett, der wie eine Palette ganz voller Farbflecke war. Doch Guido begriff blitzartig, stöberte zwischen den Kisten und hielt ihr einen sauberen Teller hin. Darauf stellte Ginia die noch feuchten Tassen, dann kehrte sie zu dem Kocher zurück und brühte den Tee auf.
Während sie tranken, erzählte Guido, die Tassen habe ihm ein Mädchen geschenkt, das ihn wie sie besuchen kam, um sich malen zu lassen. »Und wo ist dieses Bild?«, fragte Ginia. »Sie war doch kein Modell«, antwortete Guido lachend.