Читать книгу Der schöne Sommer онлайн | страница 30
Dann ging sie durchs Zimmer und sah sich die Bilder an den Wänden an. Eingehend betrachtete sie eine Landschaft oder einen Obstteller, blieb stehen, konnte sich nicht entschließen, die Augen abzuwenden; niemand sprach. Es gab auch einige Frauenporträts: Sie kannte keines dieser Gesichter. Am Ende des Zimmers angekommen, stand sie vor dem langen Vorhang aus schwerem, ausgefranstem Stoff, der die ganze Wand bedeckte. Ihr fiel ein, dass Guido dahinter die Gläser hervorgeholt hatte, und halblaut fragte sie: »Ist es gestattet?«, aber die beiden hörten es nicht, weil Rodrigues gerade sprach, also öffnete sie einen Spalt, um einen Blick hineinzuwerfen, sah aber nur ein zerwühltes Bett und ein Waschbecken. Auch dort drinnen roch es nach Amelia, und Ginia merkte es, als sie dachte, dass es schön sein müsse, allein in diesem Eckchen zu schlafen.
VII.
»Rodrigues ist ganz gierig drauf, dass du ihm Modell stehst«, sagte Ginia, während sie heimgingen.
»Wieso?«
»Hast du nicht bemerkt, wie er um uns herumsprang und deine Beine anstarrte?«
»Soll er doch«, sagte Amelia.
»Für Guido hast du nie Modell gestanden?«
»Nein, nie«, sagte Amelia.
Als sie die Piazza überquerten, sahen sie Rosa am Arm eines jungen Mannes vorbeikommen, aber es war nicht Pino. Sie hing an ihm, als könne sie nicht alleine gehen, und Ginia sagte: »Schau nur. Sie haben Angst, sich zu verlieren.« – »Sonntags ist alles erlaubt«, sagte Amelia. »Aber nicht in der Öffentlichkeit. Sie machen sich lächerlich.« – »Kommt ganz darauf an«, erwiderte Amelia, »wenn eine dumm ist und es darauf anlegt, macht sie alles Mögliche.«
Ginia hatte von Rodrigues erfahren, dass Guido oft am Nachmittag, wenn er Ausgang hatte, ins Atelier kam, um zu malen. »Er würde auch nachts malen«, hatte Rodrigues gesagt. »Vor einer Leinwand wird er wild wie ein Stier und muss einfach loslegen.« Dabei hatte er auf seine heisere Art gelacht.
Ohne etwas zu sagen, wartete Ginia einen Nachmittag ab, an dem Rodrigues im Café saß, und ging allein ins Atelier. Diesmal hatte sie aus anderen Gründen Herzklopfen, als sie die Treppe hinaufstieg. Doch vor der Tür zögerte sie nicht. Sie fand sie offen.