Читать книгу Die Rückkehr des Wanderers онлайн | страница 62

Thomas warf seiner Schwester beim Gehen einen verstohlenen Blick zu. Sie hatte etwas Rotze unter der Nase, aber das sagte er ihr nicht. Wenn man seiner kleinen Schwester sagte, dass sie Rotze im Gesicht hatte, schämte sie sich oder wurde wütend. Oder beides. Dann würde sie wieder anfangen zu weinen, und das konnte er absolut nicht gebrauchen. Am liebsten hätte er sich selbst unter einen Baum gesetzt und geweint.

Es war kalt, ihre Stoffkleider waren inzwischen klamm und klebten an ihren Körpern. Er hatte schrecklichen Hunger und seine Beine schmerzten. Sie hatten aus ein paar Pfützen im Wald getrunken, aber irgendwelche Wurzeln, Beeren oder Blätter zu essen, hatte er sich nicht getraut. Er hatte auch darauf geachtet, dass Clara es nicht tat. Er war ein Kind, aber weder er noch seine Eltern waren dumm. So wusste er, dass man heutzutage nicht mehr sicher sein konnte, was man aus dem Wald essen konnte und was giftig war. Seine Eltern erklärten solche Sachen beiden Kindern, aber Thomas immer einmal mehr als seiner Schwester. Er war schließlich der Ältere. Sie wussten, dass er auf seine Schwester aufpasste. Sie wussten aber auch nur zu gut, was passierte, wenn man nachlässig wurde. Sie hatten es auf bittere Art und Weise lernen müssen.

Thomas und Clara stritten sich nicht oft für Kinder ihres Alters. Clara hörte öfter und besser auf ihren Bruder, als es kleine Mädchen für gewöhnlich taten. Das war ebenso ungewöhnlich wie die Sorgfalt des Jungen, mit der er auf die Kleine achtgab. Vor knapp zwei Jahren hatten sie noch eine Schwester gehabt. Sie hatte allein gespielt, hatte versucht auf einen Baum zu klettern und war gestürzt. Das passierte natürlich immer mal wieder und meist ging es glimpflich aus. Mit einem verstauchten Knöchel oder einem aufgeschürften Knie. An jenem vergangenen Tage hatte es das nicht getan.

Die Dörfler wurden von den gellenden Schreien des Mädchens alarmiert und erreichten sie kurze Zeit später. Sie hatte es im Fallen geschafft sich so zu drehen, dass sie auf den Füßen aufgekommen war. Aber sie war schon viel zu hoch in den Ästen gewesen, um sich dadurch retten zu können. Sie hatte vor dem Baum gelegen und geschrien wie eine Banshee, als die ersten Dorfbewohner sie fanden. Ihre Beinchen waren an den Knien abgeknickt und die Unterschenkel zertrümmert, Knochen staken aus blutigen Wunden. Als sie das Mädchen bewegten, war es zu Erleichterung aller bewusstlos geworden. Es ging danach sehr schnell. Als die alte Dedra einige Stunden später im Dorf eintraf, war die kleine bereits tot.


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