Читать книгу DIE KATAKOMBEN онлайн | страница 18
»Bonjour, Madame Gabin«, grüßte ich.
»So schön, der Tag, finden Sie nischt?«, fragte sie durch die linke Seite ihres Mundes. Die teilweise Gesichtslähmung, hatte sie mir erzählt, war das Ergebnis eines Schlaganfalls, den sie vor einiger Zeit in einem Zug nach Bordeaux auf dem Weg zur Beerdigung ihrer Schwester erlitten hatte.
»Wirklich schön«, stimmte ich zu, ein bisschen lauter als im Plauderton, weil sie nicht gut hörte. »Die perfekte Temperatur.«
»Un moment. Isch ‛abe etwas für Sie.«
»Nein, Madame …«
Aber sie war wieder in ihrer Wohnung verschwunden. Ein paar Augenblicke später kam sie mit einem Teller voll Pfannkuchen in der Hand zurück. Sie hatte immer die ein oder andere Süßspeise für mich.
»Sie müssen echte französische Crêpe probieren«, sagte sie. »Isch mache etwas …« Einen Moment lang schien sie es vergessen zu haben. »Ah, oui. Isch mache ein kleines bisschen Grand Marnier ‘inein.«
Ich nahm ihr den Teller ab, der angefangen hatte, in ihren Händen zu beben. »Sie werden mich noch dick machen.«
»Isch ‘offe es! Sie sind très dünn. Sie müssen essen.«
Ältere Menschen liebten es, diesen Rat zu geben. Meine Großeltern hatten mir jedes Mal, wenn ich sie als Heranwachsender sah, dasselbe gesagt. Und ich hatte sie oft gesehen. Sie hatten ein paar Blocks von meiner Familie entfernt in Seattle gewohnt. Selbst in meinen späten Teenagerjahren, als mein ein Meter fünfundneunzig großer Körper seinen Höhepunkt bei über neunzig Kilogramm erreicht hatte, gab mir meine eine noch lebende Großmutter Schokolade, wann immer ich sie in der Bayview Retirement Community besuchte, und sagte mir, ich müsse etwas Speck auf die Rippen bekommen.
Madame Gabin hatte jedoch recht. Ich hatte in letzter Zeit sehr viel Gewicht verloren und konnte zum ersten Mal in meinem Erwachsenenleben als hager beschrieben werden. Neuerdings war ich einfach nicht hungrig. Ich wusste nicht, ob mein verminderter Appetit davon kam, dass ich wieder angefangen hatte zu rauchen, oder weil ich mit den Dämonen der Depression kämpfte. Ich nahm an, es war eine Mischung aus beidem.