Читать книгу DIE KATAKOMBEN онлайн | страница 17
Ich stieg die Stufen zu meinem Hauseingang hinauf und sah in meinen Briefkasten. Er war einer von sechs, die in zwei senkrechten Reihen zu jeweils drei Stück angeordnet waren. Eine Schlüsseldienstwerbung steckte darin. Ich erhielt mehrere davon pro Woche, von verschiedenen Schlüsseldiensten. Es ließ sich mich mir die Frage stellen, ob sich die Pariser im Vergleich zu Menschen in anderen Metropolen unverhältnismäßig oft aus ihren Häusern ausschlossen. Neben der Reihe der Briefkasten befand sich ein Schild, auf dem stand: »2e étage sonnez 2 fois.« Für den zweiten Stock zweimal klingeln. Ich wohnte im zweiten Stock, aber keiner hatte jemals bei mir angeklingelt. Na gut, abgesehen vom Pizzamenschen. Ich bestellte zwei oder drei Mal in der Woche bei Dominos. Die Pizzen in Frankreich waren kleiner als die, die man zu Hause in den Staaten bekam, und auf manchen waren merkwürdige Käsesorten, aber sie waren trotzdem gut.
Ich betrat die Eingangshalle und machte mich auf den Weg durch das knarrende Holztreppenhaus in den zweiten Stock. Ich war halb durch den Flur, als sich eine Tür öffnete und meine Nachbarin, Audrey Gabin, nach mir rief. Sie war eine gebückte, zerbrechliche Frau, die auf die Neunzig zuging. Sie trug eine modische Brille mit schwarzem Rahmen und hatte volles, braunes Haar, das eine Perücke sein musste. Wie immer, war sie makellos gekleidet. Heute trug sie ein kürbisgelbes Ensemble, einen Hut mit lila Krempe und einen dazu passenden lila Schal.
Sie erwischte mich beinahe jeden Tag, wenn ich an ihrer Wohnung vorbeiging. Ich hatte die Theorie entwickelt, dass sie sich entweder meine Routine gemerkt hatte, oder dass sie bei der Tür saß und geduldig darauf wartete, dass ich nach Hause kam. Für mich war sie der Typ Miss Havisham. Obwohl sie weder eine alte Jungfer noch rachsüchtig war, war sie einsam und todunglücklich, und verbrachte den ganzen Tag lang einsiedlerisch drinnen. Im Grunde wäre ich nicht überrascht zu erfahren, dass sie alle ihre Uhren zum genauen Todeszeitpunkt ihres Ehemanns vor fast zwei Jahrzehnten gestoppt hatte.