Читать книгу Der Flug des Vogels онлайн | страница 9

Ich reichte ihr den Brief zurück. Stumm wie ein toter Fisch. Der Rauch ihrer Zigarette kräuselte aus ihrem Mund.

»Was sagen Sie dazu, Herr Freyberg?«

»Nur das Wörtchen bald hebt die Aussage über einen Gemeinplatz hinweg.«

Sie verzog keine Miene, sondern musterte mich nur mit ihren grauen Augen.

Ich beeilte mich zu sagen: »Ich mag solche Briefe nicht, aber nehmen Sie die Zeilen wirklich ernst?«

»Sie nicht?«

»Nein, eigentlich nicht. Es ist absolut untypisch, daß ein Mord – ohne Verbindung zu einer Erpressung – angekündigt wird. Absolut untypisch, jedenfalls in dieser Art. Oder meinen Sie, daß Sie erpreßt werden sollen?«

»Nein.«

»Es steht auch nichts davon in diesem Brief«, sagte ich und drückte meine Zigarette aus. »Ist das der erste Brief dieser Art, oder gab es da schon andere?«

»Nein.«

»Oder anderes? Geheimnisvolle Anrufe? Oder Steine, die durchs Fenster geflogen kamen? Mit einem Zettel dran?«

»Nein. Nichts dergleichen.« Ihre Stimme bebte.

»Na, sehen Sie«, sagte ich und lehnte mich zurück.

»Sie nehmen mich nicht ernst«, sagte sie mit leiser Stimme.

»Doch, Sie schon. Nur den Brief nicht.«

Ich hatte mit einem Mal keine Lust mehr, in diesem Café zu sitzen. Ich wollte nach Hause. Draußen war die Dunkelheit hereingebrochen, und eine schier endlose Lichterkette zog an den Schaufenstern vorbei. Autolichter. Sie zerbröselte fahrig ihre Zigarette im Aschenbecher und sah auf die Uhr.

»Gibt es irgend etwas, mit dem man Sie unter Druck setzen könnte?« Ich lächelte sie an.

»Nein. Nein«, antwortete sie, »aber dennoch habe ich Angst. Und ich bin mit der Hoffnung hierhergekommen, Sie könnten mir helfen.«

»Und wie? Wenn ich fragen darf.«

Sie zuckte mit den Achseln.

»Hat Ihnen unser gemeinsamer Freund nicht erzählt, daß ich ein Schreiber von Beruf bin?«

»Er hat mir aber auch erzählt, daß Sie einmal Polizist waren und manchmal weiterwissen, wenn Menschen nicht mehr weiterwissen.«

»Das muß ich mir merken, das haben Sie schön gesagt.«

Ich blickte zu der Frau hin, die jetzt gedankenverloren auf den weißen Marmor starrte. Nur für einen Moment sprachen wir nicht, dann spürte sie wohl meinen Blick und brach das Schweigen: »Ich bin einen langen Weg gegangen. Mein Leben war nie leicht. Nein, wirklich nicht.«


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