Читать книгу Der schöne Sommer онлайн | страница 9

»Als du Modell gestanden hast, musstest du stillhalten«, sagte Ginia im Gehen.

Amelia begann zu lachen. »Keinesfalls. Die geschicktesten Modelle sind solche, die den Maler zur Verzweiflung treiben. Wenn du dich nicht ab und zu bewegst, vergisst er, dass du für ihn posierst, und behandelt dich wie ein Dienstmädchen. Wer sich zum Schaf macht, wird vom Wolf gefressen.«

Ginia antwortete nur mit einem Lächeln. Doch ein Wort brannte ihr auf der Zunge, noch unwiderstehlicher als der Likör. Da fragte sie Amelia, warum sie sich nicht irgendwo ins Kühle setzten und noch ein Gläschen tranken. »Aber ja«, sagte Amelia. Sie tranken es an der Bar, weil das billiger war.

Nun begann Ginia, sich erhitzt zu fühlen, und sagte im Hinausgehen mühelos zu Amelia: »Ich wollte dich etwas fragen. Ich würde dich gern mal Modell stehen sehen.«

Sie sprachen noch eine Weile darüber, und Amelia lachte, denn das Modell, ob nackt oder bekleidet, interessiere die Männer, nicht ein anderes Mädchen. Das Modell hält einfach still, was gibt es da zu sehen? Ginia sagte, sie wolle zusehen, wie der Maler sie male: Sie habe noch nie jemanden mit Farben hantieren sehen, das müsse schön sein. »Nicht heute oder morgen«, sagte sie, »jetzt bist du arbeitslos. Aber du musst mir versprechen, mich mitzunehmen, wenn du wieder hingehst.« Amelia lachte noch einmal und erklärte ihr, was die Maler angehe, das sei das wenigste: Sie wisse, wo sie wohnten, und könne sie hinbringen. »Aber pass auf, das sind Schufte.« Auch Ginia lachte.

Dann setzten sie sich auf eine Bank, und niemand kam vorbei, denn es war weder früh noch spät. Sie beendeten den Abend in einem Tanzlokal auf dem Hügel.

III.

Von da an kam Amelia sie häufig abholen, um auszugehen oder mit ihr zu plaudern. Sie trat ins Zimmer und redete laut und ließ Severino nicht schlafen. Wenn Rosa am Nachmittag erschien und nach Ginia rief, waren die beiden schon zum Ausgehen bereit. Amelia rauchte ihre Zigarette zu Ende, wenn sie eine hatte, und erteilte Rosa, die ihr die Geschichte mit ihrem Pino erzählt hatte, Ratschläge. Man merkte, dass sie sich ungern in ihrer Portiersloge aufhielt, und da sie den ganzen Tag nichts zu tun hatte, begnügte sie sich mit der Gesellschaft der Mädchen. Amelia scherzte auch mit Rosa, über die sie lästerten, wenn sie allein waren, tat, als glaube sie ihre Geschichten nicht, und lachte ihr ins Gesicht.


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