Читать книгу Der schöne Sommer онлайн | страница 13

Ginia hatte sich nicht von der Treppenstufe gerührt. Im Gegenlicht sah sie von weitem Amelias Beine. Leise sagte sie, mehr zu sich selbst: »Amelia, lass uns gehen.«

»Wäre das die kleine Freundin, die mich kennenlernen möchte? Sie ist ja noch ein Kind. Lass dich mal im Licht anschauen.«

Unwillig stieg Ginia die letzte Treppenstufe hinauf, während sie die neugierigen grauen Augen auf sich ruhen fühlte und nicht wusste, ob Alter oder Verschlagenheit aus ihnen sprach. Gleichzeitig hörte sie Amelias Stimme – schneidend, verärgert –, die sagte: »Aber wir hatten doch einen Termin.«

»Was willst du machen?«, sagte der Maler. »Was willst du machen? Ihr seid doch auch müde. Zum Arbeiten braucht man Ruhe. Bist du nicht froh, wenn ich dir freigebe?«

Daraufhin ging Amelia zu einem Stuhl und setzte sich in den Schatten der Vorhänge, und Ginia schien es, als stünde sie schon wer weiß wie lange da, ohne zu wissen, wie sie auf die Blicke der beiden reagieren sollte, die einander und dann wieder sie musterten. Ihr war, als scherzte der Kerl, aber nicht mit ihnen; er redete noch weiter mit Amelia, sprach abgehackt, sagte ständig »Was willst du machen«. Dann sprang er unvermutet zurück, so klein und dick, wie er war, und schob die Vorhänge weiter auseinander. In dem großen leeren Raum roch es nach frischem Kalk und nach Firnis.

»Wir sind verschwitzt«, sagte Amelia. »Lassen Sie uns wenigstens im Kühlen verschnaufen. Nicht wahr, Ginia?« Als sie das sagte, drehte sich der Maler mit dem Bärtchen wieder um und öffnete die großen Scheiben, die auf den Himmel hinausgingen. Mit übergeschlagenen Beinen sah Amelia ihm zu und lachte. Am Fenster stand eine Staffelei, darauf eine Leinwand, die mit hingeworfenen und wieder abgekratzten Farbflecken bedeckt war. »Wenn man nicht jetzt arbeitet, solange Licht ist, wann wollen Sie dann arbeiten?«, fragte Amelia. »Ich wette, Sie gehen mich mit einem anderen Modell betrügen.« – »Mit der ganzen Welt betrüge ich dich«, rief der Maler gebückt. »Glaubst du, du bist mehr wert als eine Pflanze oder ein Pferd? Ich arbeite auch, wenn ich spazieren gehe, was glaubst denn du?« Und dabei stöberte er in einem Kasten unter der Staffelei und warf Zeichenblätter, Schachteln und Pinsel durcheinander. Amelia sprang vom Stuhl auf, nahm den Hut ab und zwinkerte Ginia zu. »Warum machen Sie nicht eine Skizze von meiner Freundin?«, schlug sie lachend vor. »Sie hat noch nie für jemanden Modell gestanden.«


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