Читать книгу Der schöne Sommer онлайн | страница 5
Einen ganzen Abend lang beobachtete sie Rosas Liebsten – Pino mit der krummen Nase, einen kleinen Kerl, der nur Billard spielen konnte und nichts tat und beim Reden die Mundwinkel verzog. Ginia verstand nicht, warum Rosa immer noch mit ihm ins Kino ging, nachdem sie erfahren hatte, wie feige er war. Ihr wollte dieser Sonntag nicht aus dem Kopf gehen, an dem sie alle zusammen Boot gefahren waren und man gesehen hatte, dass Pinos Rücken voller Sommersprossen war, wie Rost sah es aus. Jetzt, da sie alles wusste, erinnerte sie sich, dass Rosa an jenem Tag mit ihm unter den Bäumen verschwunden war. Wie dumm sie gewesen war, es nicht zu begreifen. Aber noch dümmer war Rosa, und das sagte sie ihr auch noch einmal am Eingang zum Kino.
Wenn sie daran dachte, wie oft sie Boot gefahren waren! Man scherzte, lachte, neckte die Paare. Ginia, die mehr auf die anderen Mädchen achtete, hatte Rosa und Pino nicht bemerkt. In der Mittagshitze waren sie und die hinkende Tina allein im Boot zurückgeblieben. Die anderen, einschließlich Rosa, waren an Land gegangen, wo man sie schreien hörte. Tina, die Rock und Bluse anbehalten hatte, sagte zu Ginia: »Wenn niemand kommt, ziehe ich mich aus, um mich zu sonnen.« Ginia erwiderte, sie würde aufpassen, lauschte aber stattdessen den Stimmen und dem Schweigen am Ufer. Nach einiger Zeit war es ganz still auf dem ruhigen Wasser. Tina lag in der Sonne, ein Handtuch um die Hüften. Da war Ginia ins Gras gesprungen und barfuß ein paar Schritte gegangen. Auch die Stimme von Amelia, die alle anderen hinter sich hergezogen hatte, war nicht mehr zu hören. Dumm, wie sie war, hatte Ginia sich eingebildet, sie spielten Verstecken, und nicht nach ihnen gesucht, sondern war aufs Boot zurückgekehrt.
II.
Von Amelia wusste man wenigstens, dass sie ein anderes Leben führte. Ihr Bruder war Mechaniker, doch sie tauchte an jenen Sommerabenden nur ab und zu auf und gestattete niemandem Vertraulichkeiten, lachte aber mit allen, weil sie schon neunzehn oder zwanzig war. Ginia hätte gern ihre Figur gehabt, denn an Amelias Beinen machten sich die feinen Strümpfe wirklich gut. War Amelia allerdings im Badeanzug, sah man ihre ausladenden Hüften, und ihre Gesichtszüge erinnerten ein bisschen an ein Pferd. »Ich bin arbeitslos«, sagte sie eines Abends zu Ginia, während diese ihr Kleid musterte, »ich habe den ganzen Tag Zeit, über ein Modell nachzudenken. Ich habe Zuschneiden gelernt, als ich noch wie du in der Schneiderei arbeitete, weißt du?« Ginia dachte, dass es am schönsten wäre, sich die Kleider machen zu lassen, sagte aber nichts. Vielmehr drehten sie an jenem Abend zusammen eine Runde, und Ginia begleitete Amelia bis nach Hause, denn sie fühlte sich hellwach und dachte nicht ans Schlafen. Es hatte geregnet, und der Asphalt und die Bäume waren wie frisch gewaschen: Man spürte die Kühle im Gesicht.