Читать книгу Der schöne Sommer онлайн | страница 16

»Störe ich euch heute Morgen nicht?«, fragte Ginia sie, während sie in das Haustor einbogen.

»Hör zu«, antwortete Amelia, »wolltest du mich Modell stehen sehen, ja oder nein? Das nächste Mal werde ich aufpassen, mich nicht mehr mit höheren Töchtern einzulassen.«

Im Atelier waren alle Fenster aufgerissen und die Vorhänge geöffnet, und während sie auf Barbetta warteten, kam die alte Dienstmagd die Treppe herauf, um ein Auge auf sie zu haben. Ginia fragte sich, wo sich Amelia wohl zum Posieren hinstellen würde, doch Amelia stritt schon mit der Alten und ließ sie alle Fenster schließen, weil die Morgenluft den Raum auskühlte. Die Frau sprach nicht, sondern brummte und hatte ein so muffiges und behaartes Gesicht, dass Amelia sie ungeniert auslachte.

Schließlich kam Barbetta, zog sich den Kittel über und legte los, die Staffelei wurde nach hinten getragen, und die Palette kam zum Vorschein. Dort hinten im Atelier stand ein Bettsofa, und sie zogen alle Vorhänge zu bis auf den letzten, damit alles Licht auf diese Ecke fiel. Ginia fühlte sich in diesem Durcheinander überflüssig, und ihr schien, als sehe auch die Alte sie scheel an.

Als die Alte ging, zog sich Amelia neben dem Sofa aus, und Ginia beobachtete, wie Barbettas große Hand, einen Kohlestift zwischen den Fingern haltend, an der Staffelei ein weißliches Papier grundierte. Ohne sie anzusehen, sagte Barbetta zu ihr, sie solle sich setzen, und man hörte auch Amelias Stimme. Ginia blickte aus dem Fenster über die Dächer, als säße sie erneut Modell, und dachte, dass sie recht dumm war. Sie überwand sich und drehte sich um.

Ihr erster Gedanke war, Amelia müsse frieren und Barbetta sehe sie kaum an, und der wahre Störenfried sei allein sie selbst, weil sie nur aus Neugier da war. Amelia – braun, wie sie war – wirkte schmutzig, und es war peinlich, sie so zu sehen. Sie saß auf dem Sofa, die Arme auf einer Stuhllehne und das Gesicht verborgen, und zeigte deutlich das Bein von der Hüfte bis zur Ferse und die ganze Seite und die Achsel.


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