Читать книгу Factory Town онлайн | страница 21
Ich riss der Frau das Foto aus der Hand und steckte es zurück in meine Jackentasche. Ich war wütend, aber ich beherrschte mich.
Wir haben alle unsere Geheimnisse, sagte ich, und das schien dieses Pack zu besänftigen. Charlie nahm mich an der Schulter, und wir gingen über die Veranda zur Fliegentür, die schlaff in ihren Angeln hing und auf und zu schlug, und dann traten wir ins Haus.
Drinnen waren unzählige Menschen, die herumstanden und Bier und Whiskey tranken, sich gegenseitig auf den Rücken klopften oder ungelenk tanzten. Die Musik, von der ich gedacht hatte, sie käme aus dem Radio, stammte von vier a cappella singenden Schwarzen in identischen lila Anzügen auf einer improvisierten Bühne.
Als ich mich umsah, bemerkte ich, dass es weder Möbel noch Teppiche oder Fotos gab. Mehrere Fenster waren eingeschlagen. Kühlschrank und Herd in der Küche waren irreparabel kaputt. Beide hatten keine Türen mehr, Drähte und Kabel lagen offen und standen in alle Richtungen ab.
Charlie führte mich herum und stellte mich Leuten vor, deren Namen ich im selben Moment, in dem er sie sagte, wieder vergaß. Ich holte mir eine Coca-Cola aus einem Schrank und mischte mich unter die Menge. Ohne zu wissen, was ich tun sollte, stand ich unschlüssig herum.
Schließlich setzte ich mich erschöpft in eine Ecke, hörte der Musik zu und trank meine Cola. Leute gingen an mir vorbei oder stiegen über mich drüber. Ich zog das Foto heraus und betrachtete es erneut. Auf einmal bemerkte ich, dass sich das Foto verändert hatte. In Alanas Gesicht, auf dem lange Zeit ein Ausdruck unschuldiger Freude gelegen hatte, war blankes Entsetzen getreten, ihre Augen waren weit aufgerissen, und ihr Mund hatte sich zu einem stummen Schrei geöffnet. Und wenn man genau hinsah und das Foto lange anstarrte, erkannte man direkt hinter dem Mädchen die unscharfe Silhouette eines Mannes.
4. Kapitel
Meine Hoffnung versiegte schnell, und ich stieg von Cola auf Whiskey um. Jetzt griffen die Schwarzen zu Instrumenten, und aus dem Doo Wop wurde Swamp Blues. Es klang schaurig, klang nach Skeletten, die auf einem Schiffsdeck herumklapperten, und das Tanzen wurde hektischer, die Körper zuckten wilder. Die Männer stampften auf dem Boden auf und feuerten mit alten mexikanischen Revolvern in die Luft. Frauen knöpften die oberen Kleiderknöpfe auf und legten schweißnasse Dekolletés frei. Acht oder mehr Leute fielen ohnmächtig zu Boden, und um den Raum zu durchqueren, musste ich über ihre Körper steigen. Ein blonder Mann mit Indianerkopfschmuck packte und umarmte mich, eine Zigeunerin, die eine lebende Kobra trug, steckte mir ihre Zunge in den Mund. Alles begann sich um mich zu drehen.