Читать книгу Die vergessenen Helden von Tschernobyl онлайн | страница 5

Anna rannte sofort zu Darja, die ebenfalls schon Bescheid wusste. Die Ratschläge von Experten zu Radioaktivität gingen dahin, dass sich die betroffene Bevölkerung mit Jobtabletten eindecken sollte. Diese Jodtabletten hatten die Wirkung, dass die Schilddrüse, die Jod benötigte, mit diesem natürlichen Jod in den Tabletten gesättigt wurde und so das radioaktive Jod, welches bei einem Reaktorunfall freigesetzt wurde, nicht mehr aufnahm.

Vor der Apotheke hatte sich schon eine lange Schlange gebildet und alle in der Schlange hatten nur ein Anliegen: nämlich Jodtabletten zu kaufen.

Es dauerte eine halbe Stunde, bis Anna und Darja am Verkaufsschalter waren. Und tatsächlich bekamen sie eine der letzten Packungen der Jodtabletten. Der Apotheker versicherte, er hätte schon weitere Jodtabletten nachgeordert, aber da diese derzeit auch in anderen Landesteilen nahezu gehortet wurden, konnte er noch nicht sagen, ob und wenn ja, wann er Nachschub bekommen sollte.

Aber fürs erste sollten diese Packungen für zwei Wochen für beide Familien reichen.

Anna hatte gehört, dass es bei den Jobtabletten darauf ankam, diese sehr früh zu nehmen, wenn noch keine Sättigung der Schilddrüse mit dem radioaktivem Job stattgefunden hat. Deshalb gab sie Marusha die empfohlene Tagesdosis noch im Kindergarten, als sie sie dort abholte. Selbiges tat auch Darja mit ihren Kindern.

Als die Männer nach Hause kamen, gab es nur noch ein Thema: Was war in Tschernobyl passiert? Die amtlichen sowjetischen Medien hatten sich bislang noch gar nicht geäußert.

Wadim beschloss, Freunde in Prybjat, der an das AKW angrenzenden Stadt anzurufen. Einiger dieser Freunde arbeiteten sogar im Kraftwerk. Die sollten doch Bescheid wissen, so war Wadims Gedanke. Aber keiner dieser Freunde ging ans Telefon. Eigentlich hätten doch zumindest die Ehefrauen oder Kinder zu Hause sein sollen. Aber absolute Fehlanzeige. Wadim wurde skeptisch und seine Beunruhigung nahm extrem zu.

Das einzige, was ihm für die Lage seiner Familie Hoffnung machte, war: Wenn die radioaktive Wolke vom AKW Tschernobyl, welches 50 km nördlich von Kiew lag, nach Schweden gezogen war, so hieß das, dass sie aller Voraussicht nach nicht an Kiew vorbeigezogen war.


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